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Moderator/in
Registrierungsdatum: 4. Dezember 2005
Quelle:Zitat
Kein Tag vergeht, an dem Jade Goodys Bild nicht auf den Titelseiten der britischen Massenpresse zu finden ist: Ihr Kopf kahl, nach der Chemotherapie, die sie nicht mehr retten kann, das Gesicht gezeichnet vom nahenden Tod. Die 27jährige weiß, dass sie nur noch wenige Wochen zu leben hat. Sie wird sterben, wie sie die vergangenen sieben Jahre gelebt hat - im grellen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, die selbst intimste Momente hautnah miterleben darf: ihre Verzweiflung, die Angst vor dem Tod, die hemmungslosen Tränen, die Küsse ihres Ehemannes. Ganz konsequent wird Goody den letzten Atemzug auf "Living TV" tun, einem Bezahl-TV-Kanal, der sich einiges vom teuren Exklusivvertrag mit ihr erhofft.
Jade Goody bleibt sich selbst treu. "Big Brother" hat sie alles zu verdanken. Dank dieser TV-Sendung entkam sie 2002 der Anonymität der Masse; sie war noch schamloser und exhibitionistischer als die Konkurrenten, ihre Sprache gespickt mit Flüchen, vulgär, umwerfend ignorant, wurde sie zunächst als "pig", als Schwein verhöhnt. Doch schaffte sie es zur Gallionsfigur der "Chavs" zu werden, der derb-hedonistischen Unterschicht Großbritanniens, deren Verhalten und Werte bis weit in die breiten Mittelschichten hineingedrungen sind. Jade Goody stieg zur Celebrity auf, berühmt dafür, berühmt - besser vielleicht berüchtigt - zu sein. Sie wurde zur ordinären Schwester von Paris Hilton. Das Publikum, teils angewidert, teils fasziniert, das zuerst mit dem Daumen nach unten gezeigt hatte, gewährte ihr, beeindruckt von Ambition und Chuzpe, wonach sie strebte: Sie erhielt eine eigene TV Show, brachte ein Parfüm auf den Markt und zeichnete lukrative Werbekontrakte.
Nun registrieren Kameras jeden Schritt, jede Geste: Ihre Angst vor dem Ende, die flehenden Bitten um eine "Todespille", die Sauerstoffmaske auf dem gemarterten Gesicht, die Sorge um ihre beiden Söhne, die Heirat mit Jack Tweedy, der Hausarrest hat, weil er einen Jugendlichen mit einem Golfschläger brutal zusammen geschlagen hatte. Der Justizminister beugte sich öffentlichem Druck und gewährte seine Freistellung für Heirat und Hochzeitsnacht. Diese Woche wurde Tweedy einer weiteren, ähnlichen Tat schuldig befunden. Schon ertönt der Ruf, die Strafe aus Rücksicht auf die sterbende Goody auszusetzen.
Goody ist ein Geschöpf der Massenmediendemokratie, die sich in allen westlichen Ländern herausgebildet hat. Die Massenmedien fungieren als Sprachrohr und Verstärker der Gefühle der Massen. Eines der Merkmale der Massenmediendemokratie ist die Emotionalisierung. Auch gilt Ignoranz nicht länger als Makel, dagegen wird Wissen und Lernen zunehmend verachtet.
Typisch dafür, dass eine Studentin, die in der Quizsendung Mastermind durch hohe Intelligenz, Wissen und bescheidene Zurückhaltung auffiel, danach per E-Mail mit einer Flut wüster Beschimpfungen eingedeckt wurde. Ungerechtfertigtes Selbstbewusstsein und maßlose Anspruchshaltung, die in weinerliches Selbstmitleid umschlagen kann, wird dagegen zelebriert.
Und die Politiker? Sie spielen notgedrungen mit. Und geben der Sentimentalisierung nach, die der wachsende Einfluss der Massen mit sich bringt. Ein Ereignis letzte Woche war dafür symptomatisch.
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Mrs. Brainshaker