Eilige Geschäftsleute
Von allen lächerlichen Dingen will es mir als das lächerlichste vorkommen, in der Welt emsig beschäftigt zu sein, ein Mann zu sein, der muntren Mutes und eilig bei seinem Geschäfte ist. Sehe ich denn, wie just im entscheidenden Augenblicke eine Fliege sich auf die Nase eines solchen Geschäftsmannes setzt, oder dass er von den Rädern eines Wagens über und über schmutzig wird, der ihm in noch größerer Hast vorbeijagt, oder die Schiffsbrücke vor ihm in die Höhe steigt, oder gar ein Ziegel herabstürzt und ihn zu Boden schlägt: da lache ich aus Herzens Grund. Und wer könnte sich des Lachens erwehren? Was richten sie wohl aus, diese eiligen Geschäftsleute? was haben sie davon? Geht es ihnen nicht, wie jener Frau, die in ihrer Verwirrung darüber, dass Feuer im Hause war, die Feuerzange rettete? Was ist es wohl Besseres und mehr, was sie aus der großen Feuersbrunst des Lebens retten?
Aus: Kierkegaard: Entweder - Oder S.34)
Es ließe sich sicher eine Seitenlange Polemik gegen den Dualismus von Äusserlich- und Innerlichkeit verfassen ohne unnütz zu werden. Schließlich ist dieser Realitätsverlustige Dualismus nur allzu offen für jegliche Barbarei.
Das diesem Dualismus das historische und Menschenvermittelte Werden des Äusseren äußerlich bleiben muss und eine Vermittlung beider Kategorien kaum Möglich ist, spielt einem Unverständniss der Strukturen der Realität natürlich in die Hände.
In den Aphorismen des A*, die zwar den Kierkegaardschen Ursprung lyrisch verschleiern, aber dennoch in seine Konsequenz fallen, fällt neben diesem Unverständniss auch die mörderische Konsequenz dieses Denkens auf. Der mitleidswürdige Geschäftsmann der es eilig hat und stets "rasch" sein muss, ist dem Herrn A Zeichen seiner Lächerlichkeit. Weder wird Herrn A die allgemeine Unmündigkeit bewusst, noch die Tatsache dass nicht das innerliche Anliegen des Geschäftsmannes diesen zur Hatz reibt, sondern der äusserliche Druck zu solcher inneren Konsequenz führt. Dieses quid pro quo äussert sich nun bei Herrn A im Lachen aus "Herzengsrund", welches sogar zum allgemeinen Verlangen verklärt wird. Dieses scheinbar harmlose Gelächter äussert sich nun nicht nur als Begleitung zu den erafhernen Harmlosigkeiten und Ungeschicken des Opfers, sondern wird zum höhnischen Einverständniss mit seinem Tod. Es ertönt selbst dann noch, wenn ein Dachziegel herabfällt und ihn erschlägt.
Die existentialistische Ohnmacht, die Herrn A nichts ausrichten lässt, äussert sich in Gelächter und tiefster Verachtung bis zum Tod, gegen die, die mittun. Verzweiflung des Inneren wird pathisch auf den projeziert der das äusserliche Leben "erfolgreich" besteht und dem Existentialisten sein Versagen vor Augen führt. Was richten sie schon aus, diese notorisch depressiven Existentialisten?
*"Entweder - Oder" teilt sich in Aufzeichnung des Herrn A und des Herrn B auf. Diese fiktiven Personen werden hier als Autoren der jeweiligen texte angegeben, weshalb ich hier auf Herrn A und nicht Kierkegaard reagiere.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Leronoth« (3. Juni 2007, 18:47)