[Roman] Ibánez: die verlassene Geschichte
Andrés Ibánez- die verlassene Geschichte
Adenar, Prinz von Amaula, sollte eigentlich ein glücklicher Junge sein. Er ist vermögend, gebildet, hat eine hübsche Freundin und lustige Kameraden, mit denen er auf fliegenden Teppichen über das weite Meer rauscht oder auf Bilderjagd geht. Bilder, die er in dem Palast seines Gedächtnisses ablegt, um sich dort jederzeit daran zu erfreuen. Außerdem besitzt Adenar das kostbarste und seltenste, das es im ganzen Reich zu finden gibt- ein Buch. Doch Adenar ist schwer krank. Er leidet unter Langeweile. Sonderbare Insekten zerstören sein Gedächtnis und es kommt soweit, dass seine Seele ihn verlässt. Da taucht ein Magier auf, einer jener mystischer Gestalten, welche “die Erzählung” verlassen haben und sich somit der Kontrolle des Schicksals entzogen. Dieser Magier packt Adenar in eine Nymphenkugel und schickt ihn auf einen fernen Planeten, wo der junge Prinz seine Seele suchen soll. Dort angekommen landet Adenar jedoch erstmals in einer Irrenanstalt. Man erklärt ihm, dass alles, das Adenar bislang kannte und das er sein Leben nannte, in Wahrheit ein Märchen ist, in welches sich Adenar vermutlich in Folge eines schweren Traumas geflüchtet hatte. Also macht sich Adenar auf die Suche nach seiner Vergangenheit, nach seinem wahren Selbst, um zu erfahren, ob sein Dasein wirklich nicht mehr ist, als die nette Phantasiegestalt eines erfinderischen Kinderbuchautors.
Andrés Ibánez unternahm anschließend an sein Literaturstudium drei große Reisen, welche seinen Schreibstil nachhaltig beeinflussen sollten: nach Indien, Mexico und New York. Die Elemente dieser Länder/Städte scheinen in der “verlassenen Geschichte” stark durch und heben sie von den gewohnten Fantasy- Romanen deutlich ab. Ibánez überlässt uns ein überaus farbenfrohes im Detail besonders liebevolles Schriftstück, das zwar nicht mit monumentalen Momenten fesselt, jedoch zum gemütlichen Schmökern, zum Lächeln an warmen Sommerabenden einlädt.
{“Warum?” fragte Victor. “Weil ich es leid war, dieses Stimmchen sagen zu hören, ich sei hässlich, ich sei dumm, ich hätte schiefe Zähne, ich sähe aus wie ein Hase... Und weil ich, als ich den Grashüpfer an jenem Morgen tot in seinem Kästchen fand, merkte, dass ich plötzlich frei war und mit meinem Leben tun und lassen konnte, was ich wollte. Und obwohl der Tod meiner Eltern ganz schrecklich war, habe ich deshalb von eben diesem Morgen an begonnen, einen neuen Victor Braunsfeld zu erfinden...” “Natürlich!” sagte Walmira. “Natürlich, Victor Braunsfeld! Wie heißt es doch in dem Lied von Dario Pomagranada? Lebe, um einen Traum zu erschaffen. Nichts sonst ergibt einen Sinn. Um zu sein, wer du gerne wärst, musst du die Wahrheit erfinden.”}
der Schütze